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"Jetzt ist der Zeitpunkt für Mütter, sich zu wehren"

Volkswirtin Katharina Mader über die Rolle alleinerziehender Mütter in der Corona-Krise, die unbezahlte Arbeit von Frauen und die Priorität von Bildung und Kinderbetreuung für die Entscheidungsträger*innen hinter den Corona-Maßnahmen.


TEXT, AUDIO: Paul Maier


In Österreich sind rund 91 Prozent der Alleinerzieher*innen weiblich. Viele dieser Frauen sind unter gewöhnlichen Umständen bereits hohem Stress ausgesetzt, der durch die Pandemie noch weiter verschärft wird. Im Rahmen unseres Schwerpunktthemas haben wir bereits mit den zwei Alleinerzieherinnen Sonja und Andrea über ihren Alltag gesprochen. Katharina Mader, Volkswirtin am Institut für heterodoxe Ökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), spricht im Interview ausführlich über die gesellschaftliche Stellung der Frau in der Wirtschaft und die unbezahlte Arbeit von Müttern.


Katharina Mader, Institut für heterodoxe Ökonomie der WU


Ihre Forschungsschwerpunkte sind Feministische Ökonomie, Care-Ökonomie und geschlechtergerechte Wirtschaftspolitik. Laut Mader zeige die Kommunikation der Bundesregierung, dass diese ein "konservatives Familienbild" habe. Das macht sie unter anderem an den Themen der zahlreichen Regierungs-Pressekonferenzen fest:

"Es gab bei all den Pressekonferenzen keine einzige darüber, wie Eltern und vor allem Mütter das Homeschooling bewältigen sollen. Die österreichische Bundesregierung ist wohl davon ausgegangen, dass die Mütter das schon irgendwie schaffen werden."

Fehlendes gesellschaftliches Bewusstsein


Durch die mangelnde Aufmerksamkeit, die Mütter in der öffentlichen Diskussion bekommen, würden sie und ihre Lebensrealität laut Mader schnell unsichtbar werden. Homeschooling, Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, seien für Mütter eine große Herausforderung. Vor allem Alleinerziehende stünden dadurch unter konstantem Stress. Laut der Ökonomin sei die Bewältigung dieser Aufgaben durch die mangelnde Thematisierung der damit einhergehenden Probleme in unserer Gesellschaft zur Selbstverständlichkeit geworden.


In anderen Ländern sei die Gleichstellungstradition von Männern und Frauen stärker verankert und Angelegenheiten wie Kinderbetreuung und Bildung würden ernsthafter als staatliche Aufgaben wahrgenommen: "In Dänemark zum Beispiel waren alle Bildungsinstitutionen, sogar die Universitäten, unter den ersten Bereichen, die nach dem Lockdown wieder geöffnet haben. Erst danach wurden die Arbeitsplätze der dazugehörigen Erwachsenen wieder aufgemacht. In Österreich hingegen haben die Baumärkte zuerst aufgemacht", so Mader.


Neue Möglichkeiten der Solidarität


Eine Besonderheit dieser Krise sei, dass dieses Mal alle Mütter auf die ein- oder andere Art betroffen sind: "Nicht nur jene mit niedriger Bildung oder geringem Einkommen, sondern es waren zu einem riesigen Anteil auch die Frauen der Mittelschicht betroffen. Es war plötzlich nicht mehr möglich, die Kinder von den Großeltern betreuen zu lassen oder externe Kinderbetreuung zuzukaufen. Da mussten erstmals auch diese Frauen vieles an unbezahlter Arbeit leisten", so die Ökonomin.


"Das wäre jetzt der beste Zeitpunkt, um Solidarität zu leben und sich gemeinsam dagegen zu wehren", sagt Katharina Mader. Sie verweist auf ein Beispiel aus der Schweiz, wo mehrere Frauen einen Tag lang auf die Straße gingen und Kinderbetreuung und Haushalt liegen gelassen haben. Damit wollten sie aufzeigen, dass ohne sie nichts funktionieren würde. "Ein Tag tut keinem schrecklich weh, aber es wird sichtbar, was da alles an Arbeiten notwendig ist", fügt die Volkswirtin hinzu.

 

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